Ein Rosa Flamingo in der Gartensiedlung
Allcolours

Ein Rosa Flamingo in der Gartensiedlung

Das Architektur-Atelier Allcolours errichtete in einer Wiener Kleingartensiedlung ein markantes Sommerhaus, das auf einer Grundfläche von nur 35 Quadratmetern eine Kubatur von 165 Kubikmetern umfasst

In unserer Zeit hochfliegender Bau- und Wohnkosten stellt der ökonomische Umgang mit Grund und Boden eine besondere Herausforderung für Architekten dar. Das Wiener Architektur-Atelier Allcolours  Architecture Urbanism realisierte nun in Wien auf einem Kleingarten-Grundstück von knapp 200 Quadratmetern Fläche einen außergewöhnlichen Entwurf, der die begeisterten Bauherren von einem „rosa Flamingo“ im baulichen Einerlei rundherum sprechen lässt.

Die Kleingartenanlage auf der Schmelz, in der sich der aus rot gefärbtem Dämm-Beton und Glas gefertigte Flamingo erhebt, trägt den schönen Namen „Zur Zukunft“. Das passt zum Stil des Allcolours-Ateliers um Markus Taxer, das mehr im Sinn hatte als ein gewöhnliches Gartenhaus.

Zunächst ging es um die Struktur des nur 10 x 20 Meter großen Grundstücks: „Vorne gibt’s eine Zone mit Platz zum Spielen. Dann folgt eine Zone fürs Kochen, Essen und Feiern, an die sich ein ruhiger, introvertierter Teil des Gartens anschließt. Dieser Bereich ist gerahmt vom Haus, vom Pool und von Pflanzen.“

Extrovertiert und introvertiert zugleich präsentiert sich das ganze Haus. Das Erdgeschoss mit Wohnzimmer, Küche und WC steht dank seiner großflächigen Fensterfronten in Richtung Süden in direktem Kontakt zur umgebenden Natur. Architekt Taxer: „Durch die nach außen öffnenden Fenstertüren entsteht ein lebendiges Hin und Her und eine Auflösung der Begriffe Drinnen und Draußen“. Dieser Effekt wird verstärkt durch die Tatsache, dass der große Esstisch – ein besonderer Wunsch der Bauherren – nicht im Haus, sondern im Garten steht.

Im ersten Stock des nur 5 Meter hohen Gebäudes fühlt man sich hingegen definitiv drinnen. Hier sind die Schlafkojen das formgebende Element, die nicht nur zum Ruhen einladen, sondern auch ein Höchstmaß an Privatsphäre und Rückzug gewähren.

Die Verbindung zwischen den Stockwerken wird durch die abgerückte Treppe hergestellt, die von Beginn an als begehbare Skulptur konzipiert wurde: „Die Treppe steht buchstäblich neben dem Haus. Um den abgelösten Eindruck zu verstärken, wurde die Treppe mit nur vier Glasscheiben ohne zusätzliche Unterkonstruktion eingehaust. Im Bauch der Treppenskulptur ist notwendiges Inventar wie Waschmaschine und dergleichen untergebracht.“

Haus und Treppenhaus haben unterschiedliche Farbkonzepte. Als wichtigstes Material dient rot eingefärbter Dämmbeton. Das Rosa kontrastiert nach außen zum Grün des Gartens und zu den Brauntönen der Holzhäuser in der Umgebung. Innen erzeugt die Colorierung, hergestellt durch die Zugabe von rotem Farbpigment im Beton, für angenehm weiche Lichtstimmungen. Als Kontrast ist die Treppe aus grauem Sichtbeton mit geschliffenen Oberflächen gefertigt.

Am Beginn der Planung stand die ausführliche Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten – ein Prozess, der Architekt Taxer von einem „Kollektiv der Superlative“ sprechen lässt: „Statik und Baufirma haben sich massiv in die Umsetzung eingebracht, genauso wie der Betonhersteller und die Cooperative Leichtbeton oder ein Start Up, das mit kabelloser Sensortechnik während der Aushärtungsphase für die Betonüberwachung zuständig war.“

Die Statik lag in den Händen von Werkraum Ingenieure ZT Peter Bauer. Auch dort zeigt man sich enthusiasmiert von dem kleinen, aber anspruchsvollen Projekt: „Bei diesem Haus liefert der Entwurf von Allcolours alle Voraussetzungen, die man braucht, um ein Haus quasi fliegen zu lassen. Geschosshöhe, zugleich tragende und dämmende Wände aus Leichtbeton und ein stabiler Kern sind dafür eine Notwendigkeit, weiters die Bereitschaft, die – nicht tragende – Stiege daneben zu stellen und die Herausforderung anspruchsvoller Details zu bewältigen. So macht das Konzipieren und Konstruieren von Tragwerken Spaß!“

Dieser Spaß überträgt sich nun auf die Bauherren: „Der erste Anblick war ein Wahnsinn – ein schwebendes rosa Haus. Was uns am meisten taugt, sind die Schlafzimmer. Trotz Beton, Beton und Beton sind sie unglaublich heimelig.“

Technisch wäre es ohne weiteres möglich, das Sommerhaus auch ganzjährig zu bewohnen. „Der große Glasanteil an der Südseite fängt jeden Sonnenstrahl ein und macht die Räume schnell sehr angenehm warm“, sagt Architekt Markus Taxer. „Der Beton ist in der Lage, die Wärme zu speichern. Zusätzlich gibt es Infrarot-Paneele, die das Haus bei Bedarf temperieren.“

Das Gartenhaus im Gartenverein „Zukunft“, entworfen von den Architekten Markus Taxer, Bernd Leopold und Jelena Smiljanic, ist nicht das erste Projekt, mit dem das Atelier Allcolours demonstriert, welch spektakuläre Raumlösungen auf kleinen Grundstücken möglich sind. In den letzten Jahren machten die Allcolours-Baukünstler mit zwei ähnlich geratenen Neubauten Furore.

Auf einem 310-Quadratmeter-Grundstück an den Hängen der Wiener Weinberge errichtete Allcolours auf einer bebauten Fläche von nur 35 Quadratmetern ein Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche von 98 Quadratmetern in drei Stockwerken. Auch der Bau eines Wohnhauses am Wiener Donaukanal, das auf 50 Quadratmetern Grund eine Nutzfläche von 120 Quadratmetern entstehen ließ, fand in der Öffentlichkeit große Beachtung.

www.allcolours.eu

Team:
Arch DI Markus Taxer
Arch Mag arch. Bernd Leopold
Projektleitung DI Jelena Smiljanic
Tragwerksplanung:

Werkraum Ingenieure ZT GmbH, Prof. DI Peter Bauer

Baumeisterarbeiten:100% Bauen, Bmst Stefan Kraus

Beton: Lafarge, Perlmoser

Sensoren Betonüberwachung: SuessCo Sensors GmbH

Fenster und Verglasungen: Lüftenegger GmbH, Wolfgang Weichselbaumer

Dach: Ing. Hans Drascher GmbH

Elekro: Ing. Emmerich Csernohorszky GmbH

Haustechnick: ECKL Sanitär & Heizungstechnik

Tischler / Bautischler: Marcus Popp

Pooltechnik: Grossmann GmbH

Pressestimmen

ORF Wien Heute (Ausstrahlung 4. Jänner 2020, 19 Uhr)

FB Link zu ORF Wien Heute

CUBE, Architektur Magazin März 2020

VORmagazin, Februar 2020

Wir Abtenauer, März 2020

AIT Magazin, März 2020

Die PRESSE Immobilien, 1. Februar 2020

architektur.aktuell, 21. Februar 2020